Interview
Im Gespräch mit Werner Alkewitz
Herr Alkewitz, was ist für Sie gute Landschaftsarchitektur?
In erster Linie ist es immer ein Dialog. Ein Dialog zwischen Menschen und für die Freiräume gesprochen ein Dialog zwischen Innen und Außen, denn auch wenn wir uns „nur“ um die Umgebung kümmern würden, spielen die Bauten eine wichtige Rolle für die Gestaltung von Landschaften.
Heißt für Sie: Grün ist nicht nur das Drumherum eines großen oder kleinen Gebäudes?
Ganz sicher nicht. Die Baulichkeiten sind immer Bestandteile des Freiraums. Einige Architekten sagen natürlich zu gerne, „wir machen das Gebäude, dann kommt das Grün außen rum“. Aber eigentlich ist die Landschaft bereits da, auch wenn in städtischen Räumen sicher die baulichen Objekte eine stärkere Wirkung haben. Dafür würde ich im ländlichen Raum die Schwerpunkte eher in der Landschaftsarchitektur sehen.
Dennoch kämpft Ihre Branche auch immer wieder mit dem Vorurteil, sie würden erweiterte Gärtner sein.
Wir werden mitunter zu stark aufs Grün reduziert, aber unsere Arbeit geht natürlich sehr viel weiter. Wir haben befestigte Flächen, versiegelte Flächen, alles, was man benötigt, um Infrastruktur zu gewährleisten. Und wir arbeiten auch unter den Landschaften, dort laufen Versorgungsleitungen, Wasseranschlüsse, Kabel aller Art. Das gehört aus meiner Sicht auch zur Landschaftsarchitektur, denn es muss letztlich koordiniert werden. Im Ergebnis geht es darum, Natur und Grün zu maximieren. Also müssen wir uns auch über die Raumerschließung Gedanken machen und mit planen.
Wie hat sich das Bewusstsein für Grün verändert?
Für den Berufsstand gesprochen sicher zu unserer Zufriedenheit. Das Bewusstsein ist gestiegen. Der erste, große Schub war die Umweltbewegung in den 1980er Jahren, die das ökologische Denken forciert hat. In den vergangenen Jahren kam dann immer mehr die Bedeutung des Mehrwertes dazu. Das ist das nicht messbare, aber wohlfühlende Element bei der Nutzung von Gärten und Parks. Von diesem gestiegenen Bewusstsein profitieren wir auf alle Fälle.
Wie sind Sie zu dem Beruf gekommen?
Das ist ein langer Weg und hat schon in der Schule Formen angenommen. Da schwankte ich zwischen zwei Leidenschaften: auf der einen Seite waren es die beiden Leistungskurse in Mathe und Physik, auf der anderen das Interesse an Kunst und Musik. Es gab Überlegungen, Elektrotechnik zu studieren, auch ein Studium der Musik kam in Frage. Am Ende kam es dann zu dem Kompromiss Landschaftsarchitektur.
Ein Kompromiss als Ausgangspunkt für den aus heutiger Sicht Traumberuf?
Landschaftsarchitektur verbindet durch das künstlerische Gestalten sowohl Ästhetik also auch einen Ingenieurberuf. Das war die Idee und mein Onkel, der ebenfalls Landschaftsarchitekt war, unterstützte mich dabei, riet mir aber zuerst zu einer Ausbildung. Bevor ich dann ins Studium ging, habe ich eine Ausbildung im Garten- und Landschaftsbau gemacht.
Können Sie beschreiben wie Sie bei einer Planung vorgehen?
Das ist nicht ganz einfach, denn während es bei Gebäuden auch Bautypen gibt, unterscheidet sich der Freiraum stark.
Irgendwann kam dann die Entscheidung, ein eigenes Büro zu gründen?
Dieser Weg dauert noch. Dadurch dass ich bei BW & P immer wieder während des Studiums tätig war, konnte ich früh als Hospitant Projekte mit durchführen. Nach dem Studium stand dann die Idee im Raum, eine Niederlassung des Büros in Erfurt aufzubauen. Einige Projekte waren von Düsseldorf aus bereits in der Gegend in Planung. So wurde mir schon vor dem Ende des Studiums ein Angebot unterbreitet, als Büroleiter zu arbeiten. Wir haben das Büro dann aufgebaut, und ich habe dort in leitender Position Projekte angestoßen und durchgeführt. Es war ein Lernprozess, aber ich konnte schon eine eigene Handschrift entwickeln, Kontakte aufbauen. Durch eine Umstrukturierung habe ich dann mit dem Rückzug von BW & P aus Erfurt mein eigenes Büro für Landschaftsarchitektur 2003 gegründet.
Haben Sie während des Studiums schon die Chance nutzen können, zu arbeiten?
Auf Empfehlung von Prof. Zilling absolvierte ich in einem Düsseldorfer Büro ein Praktikum, um dort das Planen zu lernen und nicht so sehr die Ausführung. Mein Glück war, dass BW & P Landschaftsarchitekten ein großes Büro war. Ich habe dort schnell gesehen, wie spannend und vielfältig die Planung sein kann.
Grundsätzlich analysieren wir zuerst die Umgebung. Wie ist die Landschaft an der Stelle? Was für Koordinaten hat der Raum? Welche Gebäude müssen eingebunden werden?
Wir wollen Standorte optimieren, das bezieht ebenso die Lage wie das Grundstück aber auch die Ausrichtung mit ein. Welche Rolle spielt Licht oder die Sonne? Gibt es energetische Gesichtspunkte? Wie wird das Haus genutzt, denn daran hängen z.B. Wege. Es gibt Bereiche, in denen bin ich nah am Außenbereich wie im Wohnzimmer, in Aufenthaltsräumen oder Spielzimmern im Kindergarten. Da muss man besonders aufmerksam schauen, wie es zwischen Innen und Außen aussieht. Das ist für mich ganz besonders wichtig, weil man das Grün zum Bestandteil des Gebäudes macht – als erweiterter Wohnraum.
Gibt es bei all der Vielfalt Herausforderungen für Sie?
Alles, was neu ist und eine Weiterentwicklung darstellt, fordert mich heraus. Ich mag es nicht, stehen zu bleiben. Immer entwickelt sich etwas. Es gibt Photovoltaik auf Dächern oder nur eine Dachbegrünung. Sobald ich mich mit neuen Techniken auseinandersetze, will ich mehr wissen, denn ich habe einen anderen Blick als ein Ingenieur. Bei einem Siemens-Projekt haben wir auch die Tiefbauplanung gemacht. Da ging es darum, eine Verladefläche für riesige Generatoren zu bauen mit einer Hauptzufahrtsstraße, wo dann Generatoren mit einem Gewicht von bis zu 250 Tonnen von Kränen verladen werden. Wir als Landschaftsplaner gehen an so ein aufwändiges Projekt nicht nur rein technisch heran sondern eben auch gestalterisch.
Wie sinnvoll erwies sich dieser Umweg?
Es ging auch darum, etwas von der Pike auf zu lernen. Im GaLaBau habe ich fast alles kennengelernt, was mir noch heute hilft,
besser zu planen und das Geplante zu verstehen. Nach der Ausbildungszeit habe ich weitere drei Jahre in dem Beruf gearbeitet. Dann kam das Studium der Landschaftsarchitektur.
Gab es einen speziellen Einfluss, etwas was Sie als prägend bezeichnen würden?
Ich mochte schon zu Schulzeiten die Natur und noch viel mehr den erholsamen Aspekt von Natur, die Ruhe, Wasser, Teiche. Das war vielleicht der entscheidende erste Einfluss. Später im GaLaBau war es der Einfluss, dass meine Präferenz immer in der Durchführung von Projekten lag und ich eher meine Zukunft darin gesehen habe, so etwas wie Bauleiter zu werden. Es macht mir Spaß, etwas zu entwickeln, zu sehen, wie es wächst und am Ende eben realisiert wird. Dann gab es noch eine dritten Einfluss im Rahmen des Studiums an der Fachhochschule in Erfurt. Einer meiner Professoren, Jürgen D. Zilling, der Entwurf und Freiraumplanung lehrte, riet mir, mich stärker mit der Planung auseinanderzusetzen.
Welche Bedeutung hat der Standort Erfurt für Sie?
Thüringens Landeshauptstadt liegt strategisch perfekt. Es gibt einen ICE-Bahnhof, Autobahnen in fast alle Richtungen und das inmitten einer
gewachsenen Kultur mit tollen Städten wie Weimar, Gotha oder Jena. Ich bin von Erfurt aus in fünf Stunden fast überall in Deutschland. In einem Umkreis von zwei Stunden Fahrt, kann ich ebenfalls schon viele Städte erreichen. Wir haben unsere Schwerpunkte deshalb nicht allein in Thüringen.
Kommen wir zu Ihrem Büro. Wie vielfältig sind Ihre Aufträge?
Wir decken die klassischen Felder der Landschaftsarchitektur ab, machen Gartenplanung, legen Pflanzungen fest, planen Teiche, Wasserläufe, Terrassen. Das ist für uns ein komplexer Bereich, aber nur ein kleiner Aspekt unserer täglichen Arbeit. Darüber hinaus sind wir auch in der Objektplanung für Krankenhäuser oder Kliniken mit großen Parks tätig. Was uns unterscheidet ist, dass wir uns dabei nicht nur mit den Freiflächen beschäftigen, sondern wir sind ein bisschen generalistisch tätig. Wir kümmern uns um alle angrenzenden Bereiche wie befestigte Wegeflächen, Erschließungsmaßnahmen sowohl oberirdisch, aber auch unterirdisch. Wir legen fest, wie man Gebäude erreicht und versorgt.
Dabei sind Sie aber auch Fachexperten angewiesen?
Wir versuchen, möglichst viel von dem selber zu machen, wenn es um eine gestalterische Einbindung angeht oder der Idee, wie etwas aussehen kann, z.B. wenn es Gebäude im Außenbereich geben soll, die der Auftraggeber braucht. Das sind keine Hochhäuser, sondern Versorgungsgebäude oder Technikhäuser. Die geben wir schon gestalterisch vor, damit es sich in die Landschaft einbindet. Wenn es dann in die technische Revision geht, sei es um Statik oder Bauwerksplanung schalten wir natürlich Ingenieure ein, die das Projekt begleiten. Uns ist es aber als Büro wichtig ein großes, wenn nicht sogar das gesamte Spektrum von Planung abdecken zu können.
Was für eine Rolle spielt der Dialog?
Er ist unverzichtbar. Natürlich ist die Sicht des Grüns unser Schwerpunkt. Wir wollen aber die Korrespondenz zwischen Außen und Innen optimal erfüllen.
Wo wir bei besonderen Projekten sind. Gibt es für Sie trotzdem Schwerpunkte bei Ihrer Planung?
Ja, die gibt es, meist aufgrund einer langjährigen Beschäftigung. Das Gesundheitswesen spielt bei uns mit Krankenhäusern, Pflegeheimen oder medizinische Versorgungszentren eine Rolle. Das ist ein spannender Bereich, weil es von der Technologie des Hochbaus sehr speziell ist und Menschen aller Altersstufen anspricht. Hinzu kommt ein emotionaler Ansatz: Menschen halten sich nicht besonders gerne in Kliniken oder Altenheimen auf. Umso größer ist für uns der Anspruch, Räume und Flächen so zu gestalten, dass man sich wohlfühlt. Das sehen mittlerweile auch viele Bauherren so. Da hat ein deutliches Umdenken in den vergangenen Jahren stattgefunden. Stichwort „Gartentherapie“, wo man erkannt hat, dass weiche Faktoren wie Natur und Gärten auch therapeutischen Wert haben. Neben dem gestalterischen Faktor gibt es mit der Logistik solcher Bauwerke auch eine technische Komponente, die uns fordert. Wir werden deshalb in Projekte schon früh eingebunden, damit wir die Chance haben, Struktur bildend tätig zu sein und im Dialog etwas zu verändern.
Was für eine Bedeutung haben Freiräume, die von Kindern genutzt werden?
Das ist ein weiterer Schwerpunkt. Wir befassen uns mit Kindertagesstätten, mit Spielplätzen bis hin zu Hochschulen. Ein sehr spannender Bereich. Wir wollen ganzheitliche Konzepte entwickeln, die besonders und außergewöhnlich sind. Spielgeräte müssen nicht immer an den gleichen Stellen stehen oder aus dem Katalog kommen. Und man muss aktuell denken. In Erfurt haben wir bundesweit den ersten Kinderspielplatz auch mit einem WLAN-Punkt ausgestattet. Wir haben Sitzmöglichkeiten für die Eltern, die zuschauen können, was ihre Kinder machen, aber eben auch die Zeit nutzen können, um im Internet Emails zu sichten oder im Netz zu surfen. Und dieser kostenfreie Service wird von Jugendlichen, Erwachsenen und auch Senioren wahrgenommen. Die Gesellschaft verändert sich.
Haben Sie dank der vielen Veränderungen noch Wünsche?
Im Prinzip habe ich in allen Bereichen geplant, vom Hausgarten zum Park, aber auch Krankenhäuser oder öffentliche Verwaltungsbauten. Das ist das Spannende an unserem Beruf. Ich würde grundsätzlich gerne mal wieder im Ausland ein Projekt planen. Das gab es früher bei BW & P. Da haben wir unter anderem die Außenanlagen beim Flughafen von Athen, für ein Hotel in Jordanien oder einer Bank in Kroatien geplant. Da wäre ich neugierig, offen, und das wäre vielleicht so etwas wie ein Wunsch.
Das Interview mit Werner Alkewitz führt Jens Haentzschel | greengrass media